Mit „Gorbach“ präsentiert Hank Zerbolesch einen Roman, der sich wie ein Mosaik aus vielen kleinen Geschichten zusammensetzt. Jede dieser Geschichten könnte für sich stehen, doch zusammengefügt ergeben sie ein kraftvolles Bild des Lebens am Rande der Gesellschaft. In Gorbach, einem Viertel, das stellvertretend für viele andere in deutschen Großstädten steht, treffen Menschen aufeinander, deren Leben durch eine feine, oft unsichtbare Linie miteinander verknüpft sind.
Ein Roman, der in Episoden erzählt wird
Was „Gorbach“ so besonders macht, ist die Struktur des Romans. Hank Zerbolesch verzichtet auf eine durchgängige, lineare Handlung und setzt stattdessen auf eine Vielzahl von Erzählsträngen, die ineinander übergehen. Da ist der irre Ele, der in Erinnerungen an seine kriminelle Vergangenheit schwelgt, während er heute an seinen Rollstuhl gefesselt ist. Filiz, die wegen einer Beleidigung ihrer Mutter einen Mitschüler krankenhausreif schlägt, und eine Radiomoderatorin, die im Studio aufbegehrt, sind nur einige der Figuren, deren Schicksale auf unterschiedliche Weise miteinander verwoben sind.
Jede dieser Geschichten bringt ihre eigene Stimmung, ihren eigenen Ton mit sich. Mal ist es laut und zornig, mal leise und nachdenklich – doch immer authentisch. Der Autor schafft es, diese verschiedenen Stimmen zu einem Ganzen zusammenzufügen, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Obwohl die Geschichten eigenständig wirken, verweben sie sich zu einem dichten Netz von Ereignissen und Emotionen, das den Leser in seinen Bann zieht.
Der Stil von Zerbolesch erinnert an die Werke von Heinz Strunk, insbesondere durch den scharfen Blick auf die Absurditäten des Alltags und die Fähigkeit, Tragik und Humor miteinander zu verbinden „Gorbach“ ist in diesem Sinne ein Buch, das gleichzeitig unterhält und tief bewegt, da es das Leben so zeigt, wie es ist: komplex, widersprüchlich und voller überraschender Wendungen.
Fazit: Ein Roman, der vieles erzählt und doch eins bleibt
„Gorbach“ ist ein Buch, das man nicht so schnell vergisst. Hank Zerbolesch gelingt es, die Brutalität des Alltags mit zarter Poesie zu durchdringen und Charaktere zu erschaffen, die einem ans Herz wachsen. Wer Bücher sucht, die den Blick auf die Welt erweitern und den Leser herausfordern, wird an „Gorbach“ nicht vorbeikommen. Es ist ein Werk, das sowohl literarisch als auch menschlich beeindruckt – und das in jeder Hinsicht.
192 Seiten
Erscheinungsdatum 04.04.2024